Geschäftsnummer: VWBES.2020.338
Instanz: Verwaltungsgericht
Entscheiddatum: 21.10.2020 
FindInfo-Nummer: O_VW.2020.236
Titel: Ausdehnung der Maskenpflicht

Resümee:

 

Verwaltungsgericht

 

Urteil vom 21. Oktober 2020   

Es wirken mit:

Präsidentin Scherrer Reber

Oberrichter Müller

Oberrichter Stöckli    

Gerichtsschreiberin Kaufmann

In Sachen

 

1.    A.___ AG

2.    B.___   

       beide vertreten durch Rechtsanwalt Jean-Claude Cattin

 

Beschwerdeführer

 

 

 

gegen

 

 

 

Departement des Innern, vertreten durch Rechtsdienst Departement des Innern

 

Beschwerdegegner

 

 

 

betreffend     Ausdehnung der Maskenpflicht


zieht das Verwaltungsgericht in Erwägung:

 

I.

 

1. Mit Allgemeinverfügung vom 28. August 2020 ordnete der Kantonsarzt von Solothurn namens des Departementes des Innern des Kantons Solothurn (DdI) an, dass in öffentlich zugänglichen Innenräumen von Einkaufsläden und -zentren das Tragen einer Gesichtsmaske für sämtliche Personen obligatorisch sei (Ziff. 1). Ausgenommen von der Pflicht seien Dienstleistungsbetriebe, auch solche, welche in untergeordnetem Umfang vereinzelte Waren oder Produkte verkauften; dort gälte die Pflicht zur Erstellung von Schutzkonzepten (Ziff. 3). Ausgenommen seien zudem Läden, wo sich die Kundinnen und Kunden ausschliesslich im Freien aufhielten, sowie mit Märkten vergleichbare Anlässe wie Messen und Gewerbeausstellungen; dort gelte ebenfalls die Pflicht zur Erstellung von Schutzkonzepten (Ziff. 4).

 

Die Verfügung wurde per 3. September 2020 in Kraft gesetzt und bis 31. Oktober 2020 befristet. Sie wurde sofort nach Erlass in den digitalen Kanälen des Kantons sowie am 4. September 2020 im Amtsblatt des Kantons Solothurn publiziert und mit der Rechtsmittelbelehrung der Beschwerde an das kantonale Verwaltungsgericht versehen.

 

2. Mit Eingabe vom 7. September 2020 erhob Rechtsanwalt Jean-Claude Cattin für die A.___ AG in […]  und für B.___ aus […]  Beschwerde und verlangte die Aufhebung der Allgemeinverfügung sowie das Gewähren der aufschiebenden Wirkung, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.

 

3. Am 10. September 2020 wies die Präsidentin des Verwaltungsgerichts das Gesuch um aufschiebende Wirkung ab.

 

4. Am 21. September 2020 nahm das Departement des Innern zur Beschwerde Stellung und verlangte deren Abweisung.

 

5. Am 30. September 2020 äusserte sich der Beschwerdeführer nochmals, am 6. Oktober 2020 duplizierte das DdI.

 

6. Am 18. Oktober 2020 ergänzte der Bundesrat die Verordnung über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie vom 19. Juni 2020 (Covid-19- Verordnung besondere Lage, SR 818.101.26) im Abschnitt «Massnahmen gegenüber Personen» mit einem Artikel 3b, welcher allen Personen vorschreibt, in öffentlich zugänglichen Innenräumen von Einrichtungen und Betrieben, in Wartebereichen von Bahn, Bus und Tram und in Bahnhöfen, Flughäfen und andern Zugangsbereichen des öffentlichen Verkehrs eine Gesichtsmaske zu tragen. Diese Bestimmung trat am 19. Oktober 2020 in Kraft.

 

 

II.

 

1.1 Die Beschwerdeführer wenden sich gegen die vom Kantonsarzt namens des Departements des Innern (DdI) erlassene «Allgemeinverfügung» vom 28. August 2020. Gegen Verfügungen des Departements ist grundsätzlich die Beschwerde ans Verwaltungsgericht zulässiges Rechtsmittel (§ 49 Abs. 1 Gerichtsorganisationsgesetz, GO, BGS 125.12; § 29 Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRG, BGS 124.11; § 5 Gesundheitsgesetz, GesG, BGS 811.11).

 

1.2 Die Publikation der Allgemeinverfügung im Amtsblatt erfolgte am 4. September 2020. Mit ihrer Eingabe vom 7. September 2020 haben die Beschwerdeführer die Frist für das Einreichen einer Beschwerde nach § 67 VRG in jedem Falle gewahrt, selbst wenn auf die elektronische Publikation vom 28. August 2020 abzustellen wäre.

 

1.3 Die Beschwerde ist schriftlich eingereicht worden, mit einem Antrag und einer Begründung versehen. Die Formerfordernisse von § 68 Abs. 1 VRG sind erfüllt.

 

2. Mit der Einführung der allgemeinen Maskenpflicht durch den Bund in der Covid-19-Verordnung besondere Lage per 19. Oktober 2020 wurde die entsprechende kantonale Regelung in der angefochtenen Allgemeinverfügung, welche weniger weit ging als die bundesrechtliche Maskenpflicht, hinfällig. Die Beschwerde ist damit gegenstandslos geworden und abzuschreiben. Zu prüfen bleibt nur noch, wer die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen hat.

 

3. Wird ein Verfahren gegenstandslos, entscheidet das Gericht nach seinem Ermessen über die Tragung der Gerichts- und Parteikosten (§ 77 VRG i.V.m. Art. 107 ZPO). Nach einhelliger Rechtsprechung und Lehre sind die Kosten in erster Linie derjenigen Partei aufzuerlegen, welche die Gegenstandslosigkeit veranlasst hat; hat keine Partei die Gegenstandslosigkeit des Verfahrens verursacht, so sind sie derjenigen aufzuerlegen, die nach der Aktenlage vermutlich ganz oder teilweise unterlegen wäre. Kann dies nicht festgestellt werden, so wird derjenige kosten- und entschädigungspflichtig, der das Verfahren veranlasst hat.

 

Die Gegenstandslosigkeit wurde von keiner Partei veranlasst. Es ist deshalb summarisch zu prüfen, ob der Beschwerde nach der Aktenlage Erfolg beschieden gewesen wäre, wenn die angefochtene Allgemeinverfügung nicht durch die weitergehende bundesrechtliche Vorschrift ihre Geltung verloren hätte.

 

3.1 Zu prüfen ist dabei zunächst, ob die Beschwerdeführer zur Beschwerde überhaupt legitimiert waren. § 12 Abs. 1 VRG verlangt, dass jemand durch eine Verfügung oder einen Entscheid besonders berührt wird und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Diese Prüfung ist für beide Beschwerdeführer einzeln vorzunehmen.

 

3.1.1 Allgemeinverfügungen werden hinsichtlich ihrer Anfechtbarkeit und namentlich mit Blick auf die Legitimationsvoraussetzungen wie (gewöhnliche) Verfügungen behandelt (vgl. z.B. Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Auflage 2020, § 13 Rz 944). Ausgeschlossen bleibt die Popularbeschwerde. Ein Beschwerdeführer muss daher stärker als jedermann betroffen sein und in einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache stehen. Ähnlich wie ein Drittbetroffener ist er nur beschwerdeberechtigt, wenn er durch die in der Allgemeinverfügung enthaltenen Anordnungen in seinen rechtlichen und tatsächlichen Interessen besonders betroffen ist und ein aktuelles und praktisches Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (Urteil 1C_642/2018 des Bundesgerichts vom 10. April 2019 E. 3.3 mit Hinweisen).

 

Als Einwohner des Kantons Solothurn ist der private Beschwerdeführer B.___ von der Maskenpflicht beim Einkaufen auf Kantonsgebiet zwar direkt betroffen und hat wohl ein aktuelles und praktisches Interesse an der Aufhebung dieser Massnahme. Die Stellung als potentieller Kunde von Einkaufsläden führt jedoch nicht zu einer besonderen Berührtheit. Der Beschwerdeführer ist durch die Einführung bzw. Ausdehnung der Maskenpflicht nicht mehr als jedermann sonst, der im Kanton Solothurn wohnt oder einkaufen will, betroffen und behauptet dies auch nicht. Er ist nicht Spezialadressat der Verfügung, sondern Normaladressat. Damit ist er nicht besonders berührt im Sinne des Gesetzes und deshalb zur Beschwerde nicht legitimiert. Nicht ausgeschlossen ist bei diesem Ergebnis allenfalls eine vorfrageweise Überprüfung der kritisierten Norm im Anwendungsfall (vgl. z.B. Tschannen/Zimmerli/Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Auflage 2014, § 30 Rz.60, mit Hinweis auf Jaag; Tobias Jaag, Die Allgemeinverfügung im schweizerischen Recht, ZBl 1984, S. 433 ff.).

 

3.1.2 Die A.___ AG betreibt in […] einen Metzgereiladen. Sie ist als Betreiberin eines Einkaufsgeschäfts in einem Innenraum, für welches die Maskenpflicht angeordnet wurde, stärker als jedermann betroffen und durch den geltend gemachten Wegfall von Kunden in ihrer Wirtschaftsfreiheit tangiert. Sie ist deshalb als Spezialadressatin der Allgemeinverfügung zu betrachten. Ihre Legitimation zur Beschwerde ist damit gegeben.

 

3.2 Auf die Beschwerde von B.___ wäre somit nicht einzutreten gewesen, während die A.___ AG zur Beschwerde legitimiert war.

 

4. Bei der Beschwerde der A.___ AG ist demnach weiter zu prüfen, ob ihr materiell Erfolg beschieden gewesen wäre.

 

4.1 In der Rückäusserung vom 30. September 2020 bezweifelte der Vertreter der Beschwerdeführer die gesetzliche Grundlage der Allgemeinverfügung. Es liege weder ein Gesetz im formellen noch im materiellen Sinne (Verordnung) vor.

 

Mit § 3 Abs. 2 lit. g VEpG (Verordnung über den Vollzug des eidgenössischen Epidemiengesetzgebung, BGS 811.16) hat der kantonale Gesetzgeber eine ausdrückliche kantonale Norm geschaffen, welche die Anordnung der erforderlichen Massnahmen gemäss Artikel 40 EpG 40 (Epidemiengesetz, SR 818.101) der Kantonsärztin oder dem Kantonsarzt überträgt, der diese Aufgabe namens des Departementes des Innern wahrnimmt. Diese Regelung stützt sich ihrerseits auf das gerade totalrevidierte kantonale Gesundheitsgesetz vom 19. Dezember 2018, in welchem das Departement [des Innern] für den Vollzug der Massnahmen zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen zuständig erklärt wird, soweit diese Aufgaben nicht ausdrücklich andern Behörden oder Organen übertragen sind (§ 49 Abs. 1), und wo der Regierungsrat in § 52 Abs. 1 GesG explizit ermächtigt wird, die Einzelheiten in ergänzenden Vorschriften in einer Verordnung zu regeln, insbesondere auch die nähere Festlegung der Zuständigkeiten gemäss § 49 GesG, wie er das eben in der VEpG getan hat. Der Einwand der fehlenden gesetzlichen Grundlage geht deshalb fehl.

 

4.2.1 In der Beschwerde wurde zur Begründung primär geltend gemacht, die zahlenmässigen Voraussetzungen zur Ergreifung von weitergehenden Einschränkungen (insbesondere Maskenpflicht in Einkaufsläden und Einkaufszentren) seien nicht gegeben. Die in der Begründung dargestellten Zahlen sind im heutigen Zeitpunkt offensichtlich nicht mehr aktuell und von der Entwicklung überholt worden, steigen doch die Ansteckungszahlen auch im Kanton Solothurn erheblich an, sind unterdessen wieder mehrere Personen (am 21. Oktober 2020 12 Personen) hospitalisiert, gerät das Contact-Tracing an Kapazitätsgrenzen und liegt die Reproduktionszahl seit einigen Tagen bzw. Wochen wieder deutlich über 1. Es ist damit, wenn man die in der Beschwerde verwendeten Kriterien verwendet, wissenschaftlich belegt, dass die Fallzahlen nicht sinken, sondern erheblich ansteigen. Für die Einzelheiten kann auf die von den Beschwerdeführern angerufenen Beweismittel (aktuelle wöchentliche Lageberichte des BAG [Downloads/COVID-19_Epidemiologische_Lage_ Schweiz.pdf] und die aktuell publizierten Fallzahlen im Kanton Solothurn [https:// corona.so.ch/fileadmin/internet/staatskanzlei/stk-komm/Dokumente/2020/Corona/ Neue_Webseite/Fallzahlen/2020_1012_Woechentlicher_Situationsbericht.pdf], bei­de besucht am 14. Oktober 2020), sowie die aktuellsten Meldungen in den Medien verwiesen werden.

 

4.2.2 Weiter wurde die Subsidiarität der Einschränkungen durch die Maskenpflicht bestritten. Das Maskentragen in Einkaufsläden hätte ebenfalls davon abhängig gemacht werden sollen, dass die Abstands- und Hygieneregeln nicht eingehalten werden könnten. Dass in Einkaufsläden wie Coop, Migros, Denner, Aldi oder Lidl die Abstandsvorschriften in umsatzstärkeren Zeiten nicht eingehalten werden können, wissen alle, die regelmässig einkaufen gehen, ist also auch gerichtsnotorisch. Allgemein bekannt ist auch, dass in Einkaufsläden keine persönlichen Anwesenheitsdaten der Kundinnen und Kunden erfasst werden, sodass eine Nachverfolgung der möglichen Kontakte bzw. Kontaktpersonen gar nicht möglich wäre. Würde das Maskentragen von weiteren Bedingungen abhängig gemacht, wäre die Massnahme kaum durchsetzbar und verlöre ihre Wirksamkeit.

 

4.2.3 Die Beschwerde wurde auch damit begründet, dass es im Kanton Solothurn faktisch nirgends Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmenden gebe, bei welchen sich alle Personen gleichzeitig in einem Raum aufhielten. Das ist offensichtlich unzutreffend, betrug doch die durchschnittliche Zuschauerzahl z. B. bei einem Eishockeymatch des EHC Olten in der Oltner Eishalle in der letzten Qualifikationsrunde durchschnittlich 2633 Personen (https://www.aargauerzeitung.ch/sport/eishockey/ die-gruende-weshalb-der-ehco-mit-einer-zuschauereinbusse-zu-kaempfen-hat-136039071, besucht am 21. Oktober 2020).

 

4.2.4 Dass in der Allgemeinverfügung keine konkrete Anzahl der durch das Contact-Tracing zu identifizierenden und benachrichtigenden Personen genannt wird, ist verständlich, ändert doch diese Zahl täglich. Wie aus den neusten publizierten Zahlen sowohl des Kantons Solothurn wie auch anderer Kantone hervorgeht, ist die Anzahl täglich erheblich steigend, sodass mehrere Kantone trotz laufender Aufstockung des Personals bereits an die Grenze ihrer Möglichkeiten gelangten (vgl. z. B. für den Kanton Zürich https://www.nzz.ch/zuerich/funktioniert-das-contact-tracing--ld.1581282 ?reduced=true, besucht am 21. Oktober 2020).

 

4.2.5 Schliesslich wurde in der Beschwerde behauptet, es fehle für den Grundrechtseingriff an der Eignung, der Erforderlichkeit und der Zumutbarkeit. Zudem sei die Regelung willkürlich.

 

4.2.5.1 Das für die fehlende Eignung geltend gemachte Argument, dass Einkaufsläden und -zentren keine Ansteckungsquellen seien, was sich aus Erhebungen aus den Kantonen Aargau und Zug ergebe, beruht auf veralteten Zahlen aus der Zeit vor Ende August 2020; Zahlen aus dieser Zeit sind angesichts der schnellen Entwicklung längst überholt. Wenn tatsächlich in Einkaufsläden keine oder nur wenige Ansteckungen erfolgten, ist dies möglicherweise ja auch darauf zurückzuführen, dass nach dem Lockdown in den Läden taugliche Schutzkonzepte entwickelt und dann in der ersten Zeit auch strikt eingehalten wurden. Mit den unterdessen vorgenommenen Lockerungen hat sich die Situation aber auch in dieser Hinsicht verändert.

 

Das weitere Argument, die Schutzmasken seien nicht taugliche Massnahmen und die auf dem Markt vorhandenen Masken seien generell untauglich, trifft höchstens teilweise zu. Wenn die Schutzmasken zur Verminderung der Ausbreitung des Virus bzw. der Ansteckungsgefahr völlig untauglich wären, würden sie kaum weltweit als probates Mittel zur Verminderung von Infektionen verwendet. Dass Hygienemassnahmen ein wirksames Mittel zur Bekämpfung der Übertragung von Viren darstellen, kann nicht ernsthaft bestritten werden, und zu diesen elementaren Massnahmen gehören – neben der Desinfektion – Handschuhe und Masken, wie zum Beispiel aus der Medizingeschichte hinlänglich bekannt ist und jedermann weiss, der schon einmal in einer Klinik oder bei einem Zahnarzt in Behandlung war. Auch wenn nur Hygienemasken verwendet werden und zuzugestehen ist, dass nicht alle auf dem Markt erhältlichen Masken den an sie gestellten Anforderungen gerecht werden (vgl. z. B. die im Kassensturz vom 13. Oktober 2020 vorgestellte Testreihe, https://www.srf.ch/news/panorama/labortest-schutzmasken-im-haertetest-die-mei-sten-filtern-ungenuegend), bedeutet das nicht, dass die Maskenpflicht generell und per se eine untaugliche Massnahme darstellt.

 

Auch dass die Masken teilweise unsachgemäss verwendet werden, was ebenso gerichtsnotorisch ist, bedeutet nicht, dass die Maskenpflicht als solche nicht grundsätzlich geeignet ist, die Ansteckungs- bzw. Verbreitungsgefahr zu vermindern. Notwendig ist allerdings bei zunehmender Ansteckungsgefahr wohl eine weitere Aufklärung über das richtige Anwenden der Masken.

 

4.2.5.2 Die fehlende Erforderlichkeit wird in der Beschwerde damit begründet, dass die verfügte Maskenpflicht in ihrem angeordneten Ausmass nicht das mildeste unter allen mindestens gleich wirksamen Mitteln darstelle. Die bereits vorher angewendeten Schutzkonzepte (Desinfektionsstellen, Hinweisplakate, Abstandsmarkierungen) genügten vollständig, um den Schutz der Bevölkerung in Einkaufsläden und -zentren zu gewährleisten. Dass die bisher bzw. vor der Maskenpflicht angeordneten Massnahmen nicht ausreichen, eine Zunahme der Infektionen zu verhindern, ist aus der Entwicklung der Ansteckungszahlen in den letzten Wochen bekannt. Weitere Massnahmen sind bzw. waren deshalb notwendig, damit die Situation nicht vollständig ausser Kontrolle gerät. Die Einführung einer Maskenpflicht im öffentlichen Raum bzw. an Orten, wo sich viele Menschen treffen und den Abstand nicht einhalten können, ist unter diesen Umständen ein mildes Mittel, das die geltenden Schutzkonzepte ergänzt und etwas verstärkt. Die Erforderlichkeit ist deshalb entgegen den Vorbringen in der Beschwerde zu bejahen.

 

4.2.5.3 Die Zumutbarkeit bzw. die Verhältnismässigkeit wird in der Beschwerde damit bestritten, dass die in den Läden vorhandenen Schutzkonzepte (Abstand, Hygiene, Einbahnverkehr, Information) genügten. Ein weiteres taugliches und überaus einfaches Instrument sei zudem die Besucherzahlbegrenzung im Verhältnis zur Objektgrösse. Der Kanton Solothurn weise eine niedrigere Anzahl Ansteckungen pro 100'000 Einwohner auf als die umliegenden Kantone, welche keine generelle Maskenpflicht in Einkaufsläden eingeführt hätten.

 

Während zuzugestehen ist, dass in ganz kleinen Läden, in welchen (aufgrund der Schutzkonzepte) höchstens einige wenige Personen gleichzeitig anwesend sind, die Maskenpflicht weniger Bedeutung hat, ist dies für die Mehrzahl der Einkaufsläden anders. Trotz allfälliger Beschränkung der Besucherzahl ist in grösseren Läden nicht zu verhindern, dass sich Personen nicht an die Abstandsregeln halten (können) und diese Regeln auch nicht durchgesetzt werden können. Dabei ist aber darauf hinzuweisen, dass sich der kantonale Gewerbeverband im Vorfeld der Einführung der Maskenpflicht dafür einsetzte, dass kleine Läden von der Maskenpflicht nicht ausgenommen würden, wie dies vom Kanton angedacht worden war (vgl. Mailverkehr in den Akten). Der Eingriff in die persönliche Freiheit der Kunden bzw. in die Wirtschaftsfreiheit des Beschwerdeführers wiegt jedoch nicht übermässig schwer, vor allem nicht angesichts der Alternative einer (erneuten) Geschäftsschliessung, welche unter anderem mit der angeordneten Massnahme vermieden werden soll. Das Argument, die umliegenden Kanton hätten auf die Maskenpflicht verzichtet, stimmt unterdessen für den grössten Anrainerkanton Bern auch nicht mehr; dieser hat vielmehr eine noch weitergehende allgemeine Maskenpflicht in öffentlichen bzw. öffentlich zugänglichen Gebäuden angeordnet.

 

4.2.5.4 Willkür sehen die Beschwerdeführer darin, dass die Maskenpflicht für die Bevölkerung mit der Lockerung für Grossveranstaltungen und der Gefahr der Engpässe beim Contact-Tracing begründet werde, was nichts mit dem Einkaufen zu tun habe, sondern eine unsachliche Verknüpfung darstelle.

 

Die vom Bund bestimmte Lockerung für Grossveranstaltungen führt unbestreitbar zu einer erhöhten Gefahr von Ansteckungen, welchen mit Gegenmassnahmen entgegenzutreten ist. Solche Gegenmassnahmen sind einerseits vor allem die Entwicklung und Durchsetzung von Schutzkonzepten bei diesen Veranstaltungen. Wie sich gerade bei Veranstaltungen in Clubs und ähnlichen Lokalen in den letzten Tagen und Wochen gezeigt hat, kommt es tatsächlich vermehrt zu Ansteckungen, weshalb weitere Gegenmassnahmen wie z. B. ein Ausbau des Contact-Tracings notwendig sind. Das Einführen einer Maskenpflicht beim Einkaufen in Innenräumen kann ebenso dazu beitragen, dass das Weiterverbreiten des Virus eingedämmt wird.

 

Dass Tanzstudios und ähnliche Orte bzw. Dienstleistungen nicht von der Maskenpflicht betroffen seien, mag zutreffen. Wie aus den Medien bekannt ist, führt das jedoch im Fall einer Ansteckung dazu, dass diese Betriebe sofort geschlossen werden (z. B. Salsa-Klub in Zürich, https://www.nzz.ch/zuerich/corona-in-zuerich-wie-die-salsa-szene-zum-infektionsherd-wurde-ld.1580334?reduced=true).

 

Keine Willkür liegt auch in der Unterscheidung von Läden in Innenräumen und solchen, die ihre Waren unter freiem Himmel anbieten, ist doch allgemein bekannt und auch wissenschaftlich abgesichert, dass sich das Virus in Innenräumen wesentlich einfacher verbreitet als im Freien.

 

4.3 Der Beschwerde der A.___ AG wäre demnach kein Erfolg beschieden gewesen.

 

5. Auf die Beschwerde von B.___ wäre also nicht einzutreten gewesen. Diejenige der A.___ AG hätte als unbegründet abgewiesen werden müssen.

 

6. Bei diesem Ausgang haben die Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht, die einschliesslich der Entscheidgebühr auf CHF 800.00 festzusetzen sind, je zur Hälfte zu bezahlen. Parteientschädigung kann keine zugesprochen werden.

 

 

Demnach wird erkannt:

 

1.    Die Beschwerden von B.___ und der A.___ AG werden zufolge Gegenstandslosigkeit abgeschrieben.

2.    B.___ und die A.___ AG haben die Kosten des Verfahrens vor Verwaltungsgericht von CHF 800.00 je zur Hälfte zu bezahlen.

 

 

Rechtsmittel: Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils beim Bundesgericht subsidiäre Verfassungsbeschwerde eingereicht werden (Adresse: 1000 Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.

 

Im Namen des Verwaltungsgerichts

Die Präsidentin                            Die Gerichtsschreiberin 

Scherrer Reber                                                                 Kaufmann