Obergericht
Zivilkammer
Beschluss vom 23. Mai 2017
Es wirken mit:
Präsident Frey
Oberrichter Müller
Oberrichterin Jeger
Gerichtsschreiberin Kofmel
In Sachen
A.___,
Beschwerdeführerin
gegen
1. Amtschreiberei
Olten-Gösgen,
2. B.___,
vertreten durch Rechtsanwältin Sophie Balz,
Beschwerdegegner
betreffend Teil-Abweisungsverfügung
vom 7. März 2017
zieht die Zivilkammer des Obergerichts
in Erwägung:
I.
1.1 Am […] 2005 verstarb
C.___. Als gesetzliche Erben hinterliess er die Nachkommen aus erster Ehe (D.___),
die beiden Kinder des vorverstorbenen Sohnes F.___ sowie die Ehefrau A.___. Am
2. Mai 2006 fand die Erbteilung statt. Die überlebende Ehefrau wurde bei den
Nachlassliegenschaften als Alleineigentümerin eingetragen.
1.2 Am 27. Mai 2005
hatte C.___ mit seiner Ehefrau, A.___, einen Ehe- und Erbvertrag abgeschlossen.
Im Wesentlichen wurden darin die Nachkommen des Ehemannes aus erster Ehe auf
den Pflichtteil gesetzt und der überlebende Ehegatte als Universalerbe
eingesetzt. Die Ehegatten bezeichneten als Willensvollstrecker E.___ bzw. in
dessen Verhinderungsfall B.___. Im Weitern bevollmächtigten und beauftragten
die Ehegatten E.___ bzw. B.___ mit der Vermögensverwaltung auf den Zeitpunkt
des Ablebens des erstversterbenden Ehegatten. Der Vermögensverwalter soll das
Vermögen in Absprache mit dem überlebenden Ehegatten so verwalten, dass dieser
ein angemessenes Auskommen hat.
2.1 Mit Schreiben vom
23. Februar 2017 gelangte Rechtsanwalt B.___ an die Amtschreiberei
Olten-Gösgen und stellte den Antrag, es sei bei den Grundstücken, welche im
Alleineigentum von A.___ stehen würden, eine Anmerkung von ihm als Willensvollstrecker
im Sinne von Art. 962a Ziff. 2 ZGB vorzunehmen. Er führte aus, die Ehegatten [...]
hätten im Ehe- und Erbvertrag vom 27. Mai 2005 eine Willensvollstreckung auf
Dauer – auch über die Teilung des Nachlasses hinaus – vereinbart. Da es sich um
eine Dauerwillensvollstreckung handle, hindere auch die im Grundbuch
eingetragene Alleineigentümerschaft von A.___ die Eintragung nicht. Abgesehen
davon dränge sich die Anmerkung auch faktisch auf, weil die Witwe bereits drei (bzw.
sechs gemäss Eingabe vom 4. April 2017) Liegenschaften ohne Mitwirkung und Wissen
des Willensvollstreckers veräussert habe.
2.2 Gestützt auf den
Antrag und die vorgelegte Willensvollstreckerbescheinigung vom 19. August 2016
wurde die Anmerkung der Willensvollstreckung am 7. März 2017 auf den sich noch
im Eigentum von A.___ befindenden Grundstücken GB [...] Nr. [...] und [...] sowie
GB [...] Nr. [...] vorgenommen. Die Verfügung wurde Rechtsanwalt B.___ und A.___
mit Rechtsmittelbelehrung eröffnet.
3. Am 17. März 2017
reichte A.___ Beschwerde ein. Sie stellt den Antrag, die Anmerkung des
Willensvollstreckers B.___ sei bei den Grundstücken GB [...] Nr. [...] und [...]
sowie bei GB [...] Nr. [...] per sofort zu löschen. Der Amtschreiberei-Inspektor
sowie die Amtschreiberei Olten-Gösgen stellen den Antrag, mangels
Aktivlegitimation von A.___ sei auf die Beschwerde nicht einzutreten. B.___
beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, eventualiter sei das Verfahren bis zu
einem Entscheid im Verfahren betreffend Feststellung
Willensvollstreckung/Forderung zu sistieren.
II.
1.1 Die Amtschreiberei
sowie der Amtschreiberei-Inspektor vertreten in ihren Stellungnahmen die
Auffassung, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, da die Anmerkung der
Willensvollstreckung im Grundbuch ohne Mitwirkung der Erben erfolgen könne.
Gestützt auf das Willensvollstreckerzeugnis habe die Anmerkung
«Willensvollstrecker» ohne Mitwirkung der Grundeigentümerin erfolgen können, da
diese am betreffenden Grundbucheintragungsverfahren gar nicht Partei gewesen
sei.
1.2 Gemäss Art. 962a
Ziff. 2 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB, SR 210) kann der
Willensvollstrecker auf Begehren desselben im Grundbuch angemerkt werden. Der
Grundeigentümer ist dabei nicht Beteiligter am Grundbucheintragungsverfahren.
2.1. Gemäss Art. 969
Abs. 1 ZGB hat der Grundbuchverwalter den Beteiligten von den grundbuchlichen
Verfügungen, die ohne ihr Wissen erfolgen, Anzeige zu machen. Die Fristen, die
für die Anfechtung solcher Verfügungen aufgestellt sind, nehmen ihren Anfang
mit der Zustellung dieser Anzeige (Art. 969 Abs. 2 ZGB).
2.2 Zweifelsohne ist A.___
durch die Anmerkung auf den in ihrem Alleineigentum stehenden Grundstücken
betroffen. Eine Anzeigepflicht ist damit gegeben.
3.1 Die Anzeige ist ein qualifiziertes
Beweismittel dafür, dass jemand von einer erfolgten Eintragung Kenntnis erhalten
hat. Das kann dort von Bedeutung sein, wo materielle oder prozessuale Fristen
ab Kenntnisnahme zu laufen beginnen, wenngleich die Kenntnisnahme des
massgebenden Tatbestandes auch auf anderem Wege erfolgt sein und mit jedem
anderen Beweismittel dargetan werden kann (Aaron Pfammater, ZGB-Kommentar,
schweizerisches Zivilgesetzbuch, 2016, Art. 969 N 8).
3.2 Nach Art. 976a ZGB
kann der durch einen Eintrag im Grundbuch Belastete beim Grundbuchamt einen
Antrag auf Löschung der ihn belastenden Eintragung stellen. Der Antrag hat den
zu löschenden Eintrag zu bezeichnen und ist zu begründen. Das Grundbuchamt hat
den Antrag zu prüfen. Sind die Voraussetzungen des Art. 976 ZGB erfüllt, kann
das Grundbuchamt die Löschung unter Anzeige an die aus dem Eintrag berechtigte
Person von Amtes wegen vornehmen. Kommt das Grundbuchamt jedoch zum Schluss,
dass die Voraussetzungen einer Löschung nicht gegeben sind, weist es den Antrag
in der Form einer begründeten Verfügung ab. Gegen diese Abweisung steht dann
die Beschwerde an die Aufsichtsbehörde zur Verfügung (Art. 956a Abs. 1 ZGB [Jürg
Schmid in: Heinrich Honsell et al. [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch
II, Basel 2015, Art. 976a N 12 ff.]).
4. Zusammenfassend ist
festzustellen, dass das Grundbuchamt A.___ fälschlicherweise die
Teil-Abweisungsverfügung vom 7. März 2017 mit Rechtsmittel eröffnet hat. Die
Zustellung der Verfügung genügt aber den Anforderungen an eine Anzeige gemäss
Art. 969 ZGB. Mit ihrer Beschwerde hat A.___ zum Ausdruck gebracht, dass sie im
Sinne von Art. 976a ZGB mit der Eintragung nicht einverstanden ist bzw. den
Antrag stellt, dass die Eintragungen gelöscht werden. Das Grundbuchamt hat sich
mit den Argumenten von A.___ materiell noch nicht auseinandergesetzt. Es wird
die Beschwerde als Begehren um Löschung der Anmerkung im Sinne von Art. 976a
ZGB zu behandeln haben. Auf die Beschwerde selber ist deshalb nicht
einzutreten. Die Angelegenheit ist jedoch zur Weiterbehandlung im Sinne der Erwägungen
an das Grundbuchamt zurückzuweisen. Der von A.___ geleistete Kostenvorschuss
ist an sie zurückzubezahlen. Es werden keine Parteientschädigungen ausgerichtet
(A.___ ist nicht anwaltschaftlich vertreten, der Willensvollstrecker ist mit
seinem Antrag auf Abweisung der Beschwerde unterlegen).
Demnach wird beschlossen:
1. Auf die Beschwerde ist nicht
einzutreten. Die Sache wird zur Behandlung im Sinne der Erwägungen an das
Grundbuchamt zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der
Staat zu bezahlen. Der von A.___ bezahlte Kostenvorschuss von CHF 500.00 wird
an sie zurückbezahlt.
3. Es werden keine Parteientschädigungen
ausgerichtet.
Rechtsmittel: Der Streitwert übersteigt CHF
30'000.00.
Gegen
diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Eröffnung des begründeten Urteils
beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen eingereicht werden (Adresse: 1000
Lausanne 14). Die Frist wird durch rechtzeitige Aufgabe bei der Schweizerischen
Post gewahrt. Die Frist ist nicht erstreckbar. Die Beschwerdeschrift hat die
Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des
Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten. Für die weiteren
Voraussetzungen sind die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes massgeblich.
Im Namen der
Zivilkammer des Obergerichts
Der
Präsident Die
Gerichtsschreiberin
Frey Kofmel